Rundgang durch das Schloss

Nach Fertigstellung der größten und wohl umfangreichsten Gesamtrestaurierung in der langjährigen Geschichte von Schloss Blutenburg (1980 bis 1983) hat hier die Internationale Jugendbibliothek (IJB) ihr neues Domizil gefunden. Durch die Aufgaben dieser in der Welt einzigartigen Institution bedingt, stehen die Räumlichkeiten des Schlosses der Öffentlichkeit nur teilweise und gelegentlich zur Besichtigung zur Verfügung.

 

Torturm und Pfortenbau

Wir betreten das Schloss im Norden durch den Torturm (auch „Uhrenturm“ genannt), heute als „Erich-Kästner-Turm“ bezeichnet, nach dem bekannten Autor (1899-1974). Ein weiterer Zugang ist im Osten durch die Schloßschänke möglich.

Bei Eintritt in den Hof fallen zunächst die schmiedeeisernen Gittertüren des zweiten Eingangstores ins Auge. Sie wurden gestaltet durch den Obermenzinger Schmied Otto Baier, dessen Werkstatt bereits seit über 500 Jahren im Ort besteht. Weitere derartige Tore schließen den kleinen Vorhof zum Hintereingang des Herrenhauses ab.

Auf der Hofseite des Torturmes sind links unterhalb des Fensters die gotischen Ziffern XI - XII - I erkennbar. Es handelt sich hierbei um das restaurierte Fragment einer Sonnenuhr, welches wohl zu den ältesten erhaltenen Teilen einer Münchner Sonnenuhr zu zählen ist. Ferner sind die beiden Wappen Braunschweig (links) und Bayern (rechts) zu sehen. Sie stehen für den Erbauer der Anlage in ihrer heutigen Form, Herzog Albrecht III. und seine zweite Gemahlin, Anna von Braunschweig.

Westlich an den Turm schließt sich der Pfortenbau an, in welchem heute die Hausmeisterwohnung untergebracht ist. Östlich des Turmes, nach dem Betreten der Anlage linker Hand, liegt der Haupteingang zum Neuen Saalbau, dem ehemaligen Ökonomietrakt. Eine hier in die Wand eingelassene Gedenktafel weist auf die Gründerin der Internationalen Jugendbibliothek, Jella Lepman (1891-1970), hin. Eine weitere Gedenktafel im Eingangsbereich des Saalbaus würdigt die Verdienste von Wolfgang Vogelsgesang um Schloss Blutenburg und die IJB.

 

Neuer Saalbau

Hier im Neuen Saalbau befindet sich heute im Erdgeschoß, in den ehemaligen Stallungen, die Ausleihe für Kinder- und Jugendbücher. Der Zugang zum „Jella-Lepman-Saal“, oberhalb der Ausleihe gelegen, erfolgt niveauversetzt durch die „Walter-Trier-Galerie“, benannt nach dem Illustrator (1890-1951) zahlreicher Bücher von Erich Kästner. Von hier wird auch das hohe Zimmer des Torturmes erschlossen, einem ruhigen Ort mit Empore und Zugang zum alten Uhrwerk der Turmuhr, welcher 1999 zu Ehren Erich Kästners mit Mobiliar und zahlreichen Erstausgaben aus dem Nachlass des Kinderbuchautors eingerichtet wurde.

Im Jella-Lepman-Saal, dem früheren Heuboden, finden heute zahlreiche Ausstellungen, Konzerte und andere kulturelle und private Veranstaltungen statt.

Durch den Saal hindurch gelangt man über ein Treppenhaus, welches als weiterer Eingang zum Neuen Saalbau auch vom Hof aus zugänglich ist, ein paar Stufen höher in das 1998 eingerichtete Michael Ende-Museum, ausgestattet mit zahlreichen Gegenständen, Möbelstücken und Sammlerobjekten aus dem Nachlass des weltbekannten Autors (1929 - 1995).

Unter dem Museum liegt der „Kleine Saal“, darunter im Erdgeschoß das Malstudio, der Gruppenraum der IJB sowie der Nebenraum der Schlossschänke.

 

Gastronomie

Als neu erstellter erdgeschossiger Fachwerkbau schließt sich an den Saalbau die Schlossschänke an.

 

Herrenhaus und Türme

Über eine flache, gepflasterte Rampe, ein sogenanntes „Ochsenklavier“, erreichen wir den oberen Schloßhof. Hier befindet sich in dem schon beim Betreten der Anlage auffällig dominant wirkenden Gebäude, dem „Herrenhaus“, die Direktion und Verwaltung der Internationalen Jugendbibliothek. Von historischem Interesse ist insbesondere das im Keller befindliche „Gewölbe“: Während der Renovierungsmaßnahmen entdeckte man 1981 unter dem nicht unterkellerten südöstlichen Raum des Herrenhauses Fundament und Stumpf eines Turmes, Reste eines mittelalterlichen Vorgängerbaus der Blutenburg. Teile der Mauern aus Granitfindlingen, verfüllt mit Roll- und Kieselsteinen, sind beim Abgang in den Keller sowie im neu entstandenen Gewölberaum sichtbar belassen und wurden lediglich neu verfugt. Das Deckengewölbe dieses Raumes wurde aus alten Ziegeln des Schlosses, an Ihrer ursprünglichen Stelle nicht mehr verwendbar, neu eingezogen. Im anschließenden Nebenraum befindet sich eine 8 Meter tiefe Zisterne.

Umgeben ist das Herrenhaus von vier Türmen. Im Obergeschoß von Turm 4 - derjenige, welcher sich an die Schlossschänke anlehnt - befand sich vor dem Bau der Schlosskirche durch Herzog Sigismund eine kleine Kapelle, geweiht den Heiligen St. Andreas und Georg. Weihekreuze im Dachraum sind heute noch erkennbar. Der Turm ist seitens der Schlösserverwaltung von den Renovierungsarbeiten ausgenommen worden.

Turm 3, der in den Jahren 2000 / 2001 umgebaute und am 31. Mai 2001 eröffnete „James-Krüss-Turm“, beinhaltet den Nachlass des bekannten Kinderbuchautors (1926 –1997) (siehe auch:  www.james-kruess.de ).

Turm 2, mit kleinem Vorhof hinter dem Herrenhaus und Brunnen, dient als Geschäftssitz des „Verein der Freunde Schloß Blutenburg e.V.“ mit Büroraum im Erdgeschoß und einem kleinen, offenen Besprechungsraum im Obergeschoß.

 

Alter Saalbau

Im 1. Obergeschoß des Herrenhauses gelangt man durch Turm 1 über den „Wehrgang in den Alten Saalbau, auch als „Prinzenstall“ bezeichnet. Hier befindet sich im 1. Obergeschoß die Studienbibliothek mit mehreren Arbeitsplätzen. Dieser ehemalige Tanzsaal der Herzöge hat einen direkten Zugang zur Empore der Schlosskirche. Im Juli 2004 wurden die Bauarbeiten für den Ausbau des Dachgeschosses begonnen, die Einweihung fand am 7. Juli 2005 statt. Seither gelangt man über einen neuen Treppeneinbau in das neue Lese-Museum, einen multifunktionalen Ausstellungsraum, der die Leseförderungs- und Museumsarbeit der Jugendbibliothek bereichert. Vitrinen im Treppenaufgang sind bestückt mit Handpuppen aus dem Nachlass des Autors und Puppenspielers Heinrich Maria Denneborg, Der vordere Bereich des Dachraumes ist wechselnden Ausstellungen vorbehalten, im hinteren Bereich ist das Binette-Schroeder-Kabinett untergebracht.

 

Das Büchermagazin

Im Kellergeschoß ist auch dieser Bauteil, ebenso wie der Neue Saalbau und das Herrenhaus, mit dem für die Zwecke der IJB unter dem Schloßhof neu erstellten Bücherkeller unterirdisch verbunden. Das Magazin hat ein Fassungsvermögen von rund 500.000 Bänden und tritt denkmalgerecht in der Gesamtanlage des Schlosses nicht in Erscheinung.

 

Die Schlosskapelle

Im Anschluss an den „Prinzenstall“ steht die 1488 errichtete Schloßkapelle: ein Gesamtkunstwerk der Spätgotik, erhalten in einer Reinheit, wie sie nur mehr selten vorzufinden und in München einzigartig ist; geplant, ausgeführt und ausgestattet mit dem Anspruch höchster Qualität und letztlich wohl nicht zu Unrecht in der ganzen Welt berühmt. Weiterführende Informationen zur Kapelle erfahren Sie im Kapitel „Kapelle“.

Eine ausführlichere Beschreibung der Anlage mit zahlreichen Bildern finden Sie im Schlossführer Blutenburg (2,50 EUR, im Buchhandel im Münchner Westen erhältlich).


(Frieder Vogelsgesang)

 

Quelle:

Vogelsgesang, Frieder: Schlossrundgang, in: Vogelsgesang, Frieder (Hrsg.): Schloss Blutenburg – Schlossführer. o.V., München 1999.