Die Anfänge

Die Anfänge des Schlosses liegen im Dunkeln. Scherben, die im Zuge der umfangreichen Sanierungs- und Umbaumaßnahmen der Jahre 1980 bis 1983 gefunden wurden, reichen bis in die Zeit um 1200 zurück. Erstmals urkundlich erwähnt ist Schloss Blutenburg im Jahre 1432 (und nicht wie bisher irrtümlich angenommen bereits 1425, siehe hierzu weiter unten).

1438 wird Menzing in der ältesten Baurechnung, die vom Münchner Hof erhalten ist, erwähnt. Aus dieser Rechnung hat man noch vor einigen Jahren leichtfertig gefolgert, dass Herzog Albrecht III. in diesem Jahr Blutenburg von Grund auf neu errichten ließ, nachdem der bisherige Bau im Zusammenhang mit der Schlacht bei Alling zerstört worden sein soll. Diese Schlussfolgerung ist jedoch nicht richtig. Vielmehr wurde schon viele Jahre an der Schlossanlage gebaut, was durch entsprechende Untersuchungen der Baumaterialien und aufmerksame Lektüre vorhandener Baurechnungen belegt werden kann.

Bis etwa 1430 bestand die Blutenburg aus dem sogenannten Herrenhaus und war von vier Türmen und einem Wassergraben umgeben. In Turm IV befand sich damals schon eine in gottesdienstlicher Sicht nicht unbedeutende Kapelle, deren Weihekreuze noch heute im Dachstuhl erhalten sind. Diese Kapelle war den Heiligen Andreas und Georg gewidmet.

 

 

Albrecht III und Agnes Bernauer

Agnes Bernauer als „Ducissa“ (Herzogin)

In den folgenden Jahren entstanden unter Albrecht III.  der Pfortenbau mit Wehrmauer und Torturm sowie das Ökonomiegebäude. In den Jahren 1432 bis 1435 hielt sich Albrecht III., belegt durch zahlreiche Dokumente, sehr viel in Obermenzing auf.

Am 15. Oktober 1435 stellt der Münchner Stadtschreiber fest, „daß man die Bernawerin gen hymel gefertigt hett“. Mit dieser Eintragung in die städtische Chronik nahm ein intrigantes Spiel sein Ende.

Albrecht galt als „Liebhaber zarter Frauen“. Am 2. Juli 1429 schenkte er seinem Hofmeister Jan von Sedlitz 600 ungarische Gulden für dessen Gemahlin. Auf diese Weise wurden damals Liebesaffären adeliger Herren beendet, indem die Geliebte an einen Untertanen gegen entsprechendes „Schmerzensgeld“ weiter gegeben wurde. Albrecht hatte so ein Verlöbnis beendet, da er kurz zuvor eine andere Bekanntschaft gemacht hatte.

 

1428 begegnete er in Augsburg Agnes Bernauer, einer Frau, die allen Quellen zufolge von außergewöhnlicher Schönheit gewesen sein muss. Wohl um 1431 / 1432 ging er mit der Bürgerstochter die Ehe ein, die in der herzoglichen Verwandtschaft, da nicht standesgemäß, auf tiefe Ablehnung stieß. Auf den 7. Januar 1433 ist eine Urkunde datiert, mit der der Pfarrer zu Aubing und die Kirchpröpste der Ulrichskirche zu Laim der Bernauerin aus dem Besitz dieser Kirche einen halben Hof und eine Hofstatt zu Untermenzing verkauften. Es liegt die Vermutung nahe, dass es sich hierbei um ein verdecktes Geschenk von Albrecht handelte, der seine Geliebte hierdurch so nahe wie möglich in München bzw. bei seinem Jagdsitz, Schloss Blutenburg, wusste. Später ließ Albrecht seine Frau nach Straubing nachkommen, wo er seit Ende 1433 regierte.

Das Idyll von Menzing und Straubing fand sein Ende am 12. Oktober 1435. Albrechts Vater, Herzog Ernst, ließ Agnes Bernauer in Straubing verhaften, vor Gericht stellen und schließlich von der Donaubrücke in den Tod stürzen.
Albrecht selbst starb im Jahre 1460.

 

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Herzog Sigismund

Herzog Sigismund, Stifter der Schlosskapelle Blutenburg. Ausschnitt der Rückseite des rechten Altarflügels.
Hans Thonauer d.Ä., Ausschnitt aus einem Fresko (1590)

Herzog Sigismund, zweitältester Sohn Albrechts, ließ in den Jahren 1488 bis 1497 die weithin bekannte Schlosskapelle errichten, ein Gesamtkunstwerk der Spätgotik in höchster Qualität, welches auch heute noch in einer Reinheit erhalten ist, wie sie nur mehr selten zu finden und nicht zu Unrecht weltweit bekannt ist. Sigismund wurde im Jahre 1467 aus der Mitregentschaft hinaus gedrängt und verbrachte auf Schloss Blutenburg ein zurückgezogenes Leben.

Das Fresko von Hans Thonauer d. Ä. um 1590 im Antiquarium der Münchner Residenz vermittelt einen guten Eindruck von der damaligen Wehrhaftigkeit der gotischen Anlage. Wie noch heute erkennbar, war das Schloss in zwei Bereiche unterteilt: das mit vier Ecktürmen und hoher Ringmauer bewehrte Innere Schloß sowie das nicht sehr stabil wirkende Äußere Schloss mit den Wirtschaftsgebäuden und der Kapelle. Der rund um das Innere Schloss führende Wassergraben zog sich zwischen den beiden Schlossteilen hin; er war rund zwölf Meter breit. Erst später wurde als zweite Verbindung über dem Graben der heutige „Wehrgang“ angelegt, wohl als verdeckter Zugang zur Kapelle.

 

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Anton Reichsfreiherr von Berchem

Michael Wening, Ausschnitt aus einem Kupferstich (um 1700)

Im 16. und 17. Jahrhundert gibt es außer einigen Meldungen über alterungsbedingte Reparaturen keine nennenswerten Ereignisse. Die oftmals fälschlicherweise erwähnte Zerstörung des Schlosses durch die Schweden im Dreißigjährigen Krieg (1618 – 1648) fand nicht statt.

Als der Münchner Notar Anton Freiherr von Berchem 1676 die Hofmark erwarb, war das Schloss in denkbar schlechtem Zustand. Erhebliche Renovierungsarbeiten waren notwendig, die Berchem mit verschiedenen Umbauarbeiten verband.

Berchems Erben mussten jedoch wegen unsauberer Tauschgeschäfte ihres Vaters 1702 die Hofmark an den Kurfürsten Max II Emanuel zurück geben. Dieser übertrug den Besitz seiner Gattin Therese Kunigunde, unter der bis zu ihrem Tod das Schloss letztmalig als fürstliche Residenz diente.

 

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Das 19. und 20. Jahrhundert – Lola Montez

Ludwig Stieler: Lola Montez (1847). Schönheitengalerie in Schloss Nymphenburg.
Das Schloss vor dem Umbau 1980

Damit war die glanzvollste Zeit von Schloss Blutenburg vorbei. Die Anlage verfiel zusehends. Ab 1827 wurde es als Staatsgut an Privatleute verpachtet.

Nur einmal noch rückte Schloss Blutenburg in den Blickpunkt der Geschichte. Lola Montez verbrachte am 12. Februar 1848 die Nacht vor ihrer Abschiebung über die Grenze Bayerns in Schloss Blutenburg (ein 1848 erschienenes Flugblatt geben wir hier wieder). Die Tänzerin hatte dem alternden Monarchen Ludwig I vollkommen den Kopf verdreht und für erhebliche Unruhen in der Bevölkerung gesorgt. Maria Dolores Gilbert alias Lola Montez alias Gräfin Landsfeld, 1818 in Limerick geboren, starb völlig verarmt 1861 in New York.

Ab 1866 wurde das Schloss an das Institut der Englischen Fräulein verpachtet, 1957 folgten die Schwestern des Dritten Ordens vom Nymphenburger Krankenhaus. Sie nutzten den Komplex als Altersheim, gaben jedoch 1976 auf, da die Aufwendungen für die Bewirtschaftung des Schlosses in keinem Verhältnis mehr zum Nutzen standen.

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Der Neubeginn

Der Auszug zeichnete sich bereits zu Beginn der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts ab. Die Zukunft des Schlosses wurde heftig diskutiert. Auf Initiative des damaligen Münchner CSU-Stadtrates Wolfgang Vogelsgesang (16.06.1932 – 08.04.2000) wurde am 5. Oktober 1974 der Verein der Freunde Schloss Blutenburg gegründet. In seiner weiteren Funktion als Präsident der Internationalen Jugendbibliothek gelang es Vogelsgesang die Interessen von Verein und Bibliothek zusammen zu führen und mit der Bibliothek ein tragfähiges Nutzungskonzept für Schloss Blutenburg zu entwickeln.

Innerhalb nur weniger Jahre rückte Wolfgang Vogelsgesang als spiritus rector Schloss Blutenburg über alle Parteigrenzen hinweg in das öffentliche Bewusstsein, so dass bereits in den Jahren 1980 bis 1983 die Anlage umfassend renoviert und für die künftigen Zwecke der Bibliothek ausgebaut werden konnte. Für dieses Lebenswerk wurde Vogelsgesang später mit zahlreichen Auszeichnungen geehrt.

 

 

Irrtümer

1. Erstmalige Erwähnung von Schloss Blutenburg:
In nahezu allen über Schloss Blutenburg käuflich erhältlichen Werken ist nachzulesen, dass Schloss Blutenburg 1425 erstmals erwähnt worden sein soll (Regesta Boica XIII). Diese Aussage kann künftig nicht mehr aufrecht erhalten werden. Aufmerksam gemacht im August 2002 durch Herrn Dr. Michael Weithmann, einen aufmerksamen Leser unserer Internetseiten, haben wir nachrecherchiert. Bei der in verschiedenen Werken genannten „Blyutenburg“, die 1425 historiographisch erwähnt wurde, handelt es sich um die „Plintenburg“ über der Donau (Visegrad bei Esztergom, Ungarn).

Den Nachweis hierüber führte bereits im Jahr 1995 Helmut Stahleder, Stadtarchivar in München, in seiner „Chronik der Stadt München“. Leider ist das bemerkenswerte Ergebnis nicht an die geschichtlich interessierten und engagierten Bürger und Vereine in Obermenzing weiter gegeben worden, so dass es erst in einer neueren Auflage des Schlossführers berücksichtigt werden kann.

Wir zitieren aus dem Werk:
„1425 September 19, Mittwoch: Herzog Wilhelm III erhält von der Stadt ein Wein- und Fischgeschenk für mehr als 8 Pfund Pfennige, „dô er von Ungern von dem romischen (kunig) und von der kunigin von Behaym und was drewviertail jârs aws gewesen“. Die Königin von Böhmen ist Wilhelms Schwester Sophie, Witwe von König Wenzel und Schwägerin von dessen Bruder Sigmund.
Wilhelm war also seit Jahresbeginn auf einer Auslandsreise, die ihn unter anderem nach Ungarn führte, wo er sich mit König Sigmund in Blindenburg/Plintenburg/Blyntenburg (nicht „Blyutenburg“/Blutenburg bei Obermenzing!) getroffen hat, von wo aus er am 7. Juli an seinen Bruder Ernst einen Brief nach München schrieb. Nach Blindenburg oder Visegrad (= hohe Burg), gelegen im Komitat Pest am Donauknie zwischen Gran (heute Estergom) und Ofen, hatte sich König Sigismund nach seiner Niederlage in Böhmen im Sommer 1420 geflüchtet.

[...]

1432 März 14, Freitag: Der Name „Blutenburg“ wird erstmals genannt. Herzog Albrecht hält sich hier auf und stellt eine Urkunde aus. Außerdem ist hierher („gen Pludenburg auf das Haus“) ein Zins eines Dießener Bürgers zu entrichten. Die Burg steht also bereits. Auch am 30. Mai 1433, dem Pfingstsamstag, hält sich Herzog Albrecht wieder hier („zu Pluedemburg“) auf und urkundet.“

Johannes Erichsen - früher Mitarbeiter im Haus der Bayerischen Geschichte und Mitautor des hervorragenden Ausstellungskataloges aus dem Jahr 1983, später Leiter der Museumsabteilung der Schlösserverwaltung, sodann deren Präsident und seit 2011 im Ruhestand – hält die neuen Erkenntnisse für keinen großen Verlust:
„Viel geht für die Blutenburg damit nicht verloren. Die dendrochronologisch auf 1431 datierte Mauerlatte aus dem Pfortenbau spricht dafür, dass Erbprinz Albrecht nicht erst 1432 mit dem Bauen angefangen hat, und ob das Turmhaus in der Kernburg nicht vernünftigerweise vor der Toranlage gebaut worden ist, wäre ein reizvolles Thema für Spekulationen. Damit sind wir dann ohnehin bei 1430 oder in den späten 20ern und die Baugeschichte wird, wenn wir Albrecht
als Bauherrn des 1. Abschnitts annehmen dürfen, etwas klarer, als wenn sein
Onkel Wilhelm vorher einen Finger in der Sache gehabt hätte.“

 

2. Blütenburg:
Immer wieder ist zu lesen, dass Schloss Blutenburg eigentlich „Blütenburg“ heißen müsste. Die Schreibweise war entsprechend den früheren Gepflogenheiten in den ersten bekannten Quellen nicht einheitlich. Die eigentliche Wortbedeutung ist jedoch nicht eindeutig zu belegen.
Ob der Name Blutenburg jemals die Bedeutung einer Blütenburg hatte, erscheint keinesfalls gesichert. Im Altbayerischen kann ,bluet‘ durchaus die Bedeutung von Blut (althochdeutsch ,pluot‘ und mittelhochdeutsch ,bluot‘) gehabt haben. J. Andreas Schmeller (Bayerisches Wörterbuch, Bd.I, Seite 333) übersetzt ,Blueten‘ mit ,Bluten‘, auch im Sinne von sich ökonomisch weh tun. Auch spricht man bekanntlich heute noch im bayerischen Dialekt von ,bluaten‘. Im übrigen ist nicht von der Hand zu weisen, dass in der heutigen Bezeichnung Blutenburg auch der Name eines früheren Besitzers stecken kann, der sich im Laufe der Zeit verändert hat. (Stellungnahme der Bayerischen Verwaltung der Staatlichen Schlösser, Gärten und Seen, 1985)

 

3. Zerstörung durch die Schweden:
Es ist ein immer noch weit verbreiteter Irrtum, dass Schloss Blutenburg im Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) durch die Schweden zerstört worden sein soll. Im Zuge der umfassenden Sanierungsarbeiten von 1979 bis 1983 wurden umfangreiche Forschungen zur Geschichte des Schlosses angestellt und die Ergebnisse im Rahmen einer Ausstellung (1983) und einem Katalog durch das Haus der Bayerischen Geschichte veröffentlicht.
Die Recherchen förderten für das 16. Und 17. Jahrhundert verschiedene Reparaturrechnungen und Berichte über alterungsbedingte Reparaturen zu Tage. Aus diesen Forschungsergebnissen muss man schließen, dass die oftmals erwähnte Zerstörung durch die Schweden nicht statt gefunden hat. Dieser Sachverhalt wird durch die Besitzgeschichte der Hofmark Menzing untermauert.

(Frieder Vogelsgesang)

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Quellen

Erichsen, Johannes: Umrisse Blutenburger Geschichte, in: Erichsen, Johannes (Hrsg.): Blutenburg –Beiträge zur Geschichte von Schloss und Hofmark Menzing. Haus der Bayerischen Geschichte, München 1985.

Thinesse-Demel, Jutta und Vogelsgesang, Frieder: Schloss Blutenburg im Spiegel seiner Geschichte, in: Frieder Vogelsgesang (Hrsg.): Schloss Blutenburg – Schlossführer, o.V. München 1999.

Vogelsgesang Wolfgang (Hrsg.): Blutenburg – Das Schloß und sein Umfeld in Geschichte und Gegenwart. Erasmus Grasser-Verlag, Wielenbach 1994
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