Die Schlosskapelle

 
 

Zur Baugeschichte

Bis etwa 1430 bestand die Blutenburg lediglich aus dem sogenannten Herrenhaus und war von vier Türmen, Mauern und einem Wassergraben umgeben. In einem der Türme (IV) gab es eine den Heiligen Georg und Andreas geweihte Kapelle, deren Reste bei der Schloss-Renovierung 1980 - 1983 entdeckt wurden. Ab 1430 entstanden - noch vor Herzog Sigismund - der Pfortenbau, der Torturm, die äußere Wehrmauer und das Ökonomiegebäude. Die älteren Teile liegen höher, was man auch heute noch erkennen kann. Zur Eingliederung der neuen Teile mußte die Mauer zwischen den Türmen IV und I abgetragen und der Wassergraben verlegt werden.

Auf den Erbauer der Schlosskapelle gibt es leider keine direkten Hinweise. Neben Lukas Rottaler, Jörg Ganghofers Nachfolger als Stadtbaumeister, werden deshalb Hans Trager, Peter Manhart und Ulrich Randeck vermutet.
Mit der Fertigstellung der Glasfenster 1497 war vermutlich die Ausgestaltung der Schlosskapelle Blutenburg abgeschlossen. Seither hat sie sich - bis auf einen neuen Dachreiter in der Barockzeit - kaum mehr verändert.

 

 

Der Bau von außen

Ähnlich wie im Inneren ist von außen keine Trennung des Chores vom Gemeinderaum erkennbar. Daher wirkt der Bau auch von außen recht geschlossen. Er wird gegliedert durch etwas hervortretende Mauervorsprünge, zwischen denen die zweigeteilten Fenster verlaufen. Das Portal ist mit einem mehrfach gestuften Giebel überbaut, der mit Maßwerkmalerei und Wappen verziert ist und in seinem zentralen Feld eine Darstellung des Gnadenstuhls (ähnlich dem Mittelbild des Hauptaltares) enthält. Unterhalb der Dachtraufe verläuft außerdem ein farbiger Wappenfries. Die Wandmalereien im Sockelbereich sind aus denkmalpflegerischen Gründen zur Zeit abgedeckt.

Die Außenseite der Kapelle auf der Nordseite entspricht bis auf das Portal in etwa der Innenseite. Die Fensterfolge ist dort mit Rücksicht auf das dahinterliegende Sakramentshaus allerdings etwas verändert. Über dem glatten Westgiebel ist ein kleiner Dachreiter mit Zwiebelturm aufgesetzt. Der östliche Chor läuft polygonal zu und ist wegen der sich im Pfortenbau unmittelbar anschließenden Sakristei ähnlich wie der Westgiebel nur teilweise sichtbar.

 

 

Der Innenraum

Innenansicht

Der Haupteingang der Kapelle liegt auf der Hofseite im Süden. Wegen der Einpassung in die Schlossanlage war es nicht möglich, den Eingang - wie sonst üblich - auf die Westseite zu verlegen. Dort hat man allerdings vor einigen Jahren wieder eine Türe eingesetzt. Der Herzog gelangte seinerzeit vermutlich über einen überdachten Gang unmittelbar vom Herrenhaus auf die hölzerne, von einer Säule getragenen Westempore.
Das Innere besteht aus einem in der bayerischen Spätgotik üblichen Ein-Saal-Bau. Chor und Gemeinderaum gehen ineinander über, was wieder besonders deutlich wird, nachdem bei der letzten Renovierung die gemauerte Kommunionbank entfernt wurde.

Beide Teile sind bis zum viereckigen Chorabschluß gleich breit. Sie werden lediglich durch einen kaum hervortretenden Triumphbogen voneinander getrennt. Auch die Gewölbehöhe ist bei beiden gleich, nur der Boden des Altarraums ist um eine Stufe höhergelegt. Die über Kreuz gespannten Gewölbegrate werden für den Betrachter nur wenig sinnfällig, da die Rippen nicht kreuzförmig gestaltet sind, sondern ein Netzwerk bilden.

Die Wand ist durch die quer überspannenden Jochbögen in einzelne Abschnitte unterteilt. Sie ist nicht mehr flächig glatt, sondern durch die eingeschnittenen Fenster sowie die vor den Fenstern herunterführenden Jochbögen des Gewölbes  stark untergliedert. In ihrer Wirkung erscheint die Wand nicht mehr langgestreckt und relieflos wie eine Folie, sondern eher abwechslungsreich und energievoll gestaltet. Das Relief bewirkt einen starken Rhythmus, der sich im Netzgewölbe wie in einem vielbestimmten Takt fortsetzt.

Der Wandbau erhält dadurch geradezu eine voluminöse Kraft, die der Ausstattung ein eigenständiges Gewicht entgegensetzt. Dadurch wird die Architektur stark dramatisiert, ja bildet quasi den dramaturgischen Aufbau für die in ihr eingestellten Ausstattungsgegenstände. Der stark nach oben zu immer heller werdende Beleuchtungseffekt - hervorgerufen durch die im unteren Teil bemalten großen Fensterflächen - unterstreicht diese theatralische Wirkung.

 

 

Faszination

Die Blutenburger Madonna

Die Schlosskapelle Blutenburg fasziniert ihre Besucher schon seit vielen Generationen. Diese Faszination rührt nicht nur daher, daß sich heute der einfache Bürger dort aufhalten kann, wo früher nur den höheren Schichten Einlaß gewährt wurde.

Über diesem Gebäude liegt vielmehr ein Zauber besonderer Art, der sich erst allmählich dem aufmerksamen Betrachter erschließt. Seinen Ausgangspunkt bildet dabei der architektonische Raum, der eigenständig die gesamte Ausstattung übergreift und in eine religiös und künstlerisch vorgegebene Ordnung einpaßt

 

Guntram Vogelsgesang

Nach oben

 

Literaturhinweise

  • Wolfgang Vogelsgesang (Hrsg): Blutenburg – Die Schlosskapelle. München 1994, 180 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Erasmus Grasser-Verlag. ISBN 3-925967-26-5. Preis: 30,50 Euro
     Hier online bestellen
  • Frieder Vogelsgesang (Hrsg.): Schloss Blutenburg – Schlossführer.
    Preis: 2,50 Euro.

 

weitere Literatur:

  • Susanne Burger, Die Schloßkapelle zu Blutenburg bei München. Struktur eines spätgotischen Raums, München 1978.
  • Heinrich Klotz, Von der Urhütte zum Wolkenkratzer. Geschichte der gebauten Umwelt, S. 119ff.: Der mittelalterliche Kirchenbau, München 1991.
  • Otto Ernst Wolf, Die Blutenburger Schloßkapelle und der spätgotische Kirchenbau im Münchener Raum, in: Blutenburg. Beiträge zur Geschichte von Schloß und Hofmark Menzing, hrsg. v. Johannes Erichsen, München 1983, S. 142 ff.